Neulich konnte auf T-Online.de getestet werden, wie gut die deutsche Rechtschreibung bzw. Grammatik beherrscht wird. Dabei orientierten sich die Fragen an aktuellen Lehrplänen. Als ich die Fragen durchlas, ist mir wieder deutlich geworden, dass das deutsche Bildungssystem dringend ein Update benötigt. Sofern ein Kind nicht Germanistik studieren möchte, frage ich mich, welchen Nutzen es mit sich bringt, zu wissen, was bspw. ein Pronomen ist oder ob das Partizip Perfekt bestimmt werden kann.
Jeder, der in Deutschland die Schule besucht hat, wurde mit diesem Stoff konfrontiert. Wer aber kann heute noch den Dativ vom Genitiv unterscheiden? Selbst ehemals gute Schüler können sich im Erwachsenenalter kaum noch im Detail an deutsche Grammatikregeln erinnern. Warum? Sofern man sich nicht professionell mit der deutschen Sprache beschäftig, erfüllt es schlichtweg keinen Nutzen. Es gibt keine praktischen Anwendungsszenarien. Für einen Großteil ist es nutzloses Wissen, welches einmal gepaukt wurde, um eine ordentliche Note zu bekommen. Danach verblasst das mühsam Erlernte schnell, weil es einem im Alltag nicht weiter hilft. Sollte es tatsächlich der Bildungsauftrag sein, die Zeit und die Ressourcen der Kinder auf diese Weise zu verschwenden?
Textverständnis und gute Ausdrucksfähigkeit sind Schlüsselkompetenzen
Dabei halte ich Deutsch für ein Schlüsselfach. Denn Textverständnis und die Fähigkeit, sich gut auszudrücken, sind Fertigkeiten, die man gar nicht gut genug beherrschen kann. Als Ausbilder habe ich schon die Erfahrung gemacht, dass Schulabgänger Schwierigkeiten haben, Inhalte aus längeren bzw. komplexeren Texten erfassen zu können. Dabei ist genau dies eine Kernfähigkeit, die notwendig ist, um Kompetenzen aufbauen zu können.
Was nutzt es, wenn alle Informationen im Internet zur Verfügung stehen, aber bereits beim Lesen einer halben Seite die Konzentration nachlässt und wesentliche Informationen nicht mehr aufgenommen werden können? Dabei ist dies eine Fertigkeit, die trainiert werden kann. Wer in der Lage ist, sich im überschaubaren Zeitrahmen neues Wissen anzueignen, kann auf Herausforderungen reagieren, die einem im Berufs- oder auch Privatleben begegnen. Somit ist dies eine Schlüsselfertigkeit für ein erfolgreiches und selbstbestimmtes Leben. Denn wer Informationen aufnehmen kann, kann folgerichtig handeln und muss keine emotionalen Entscheidungen treffen.
Eine weitere Schlüsselfertigkeit, welche in den Deutsch Kontext fällt, ist die Fähigkeit, sich gut ausdrücken zu können. Wer in der Lage ist, Sachverhalte auf den Punkt zu bringen, vermeidet Missverständnisse. Viele Probleme im Alltag entstehen durch Missverständnisse und ließen sich somit vermeiden. Bei Diskussionen verleiht einem die Fähigkeit sich gut ausdrücken zu können zudem den Vorteil der stichhaltigen Argumentation. Dies wiederum führt zumindest potentiell zu einem erfolgreicheren Leben. Denn wer stichhaltig argumentiert, ist überzeugender kann sich häufiger durchsetzen.
Gute Bildung hat positive gesellschaftliche Konsequenzen
Im Gesamtzusammenhang betrachtet, hätte ein Bildungsfokus auf Textverständnis und gutes Ausdrucksvermögen auch gesellschaftlich enorme Vorteile. Denn gerade die deutsche Sprache ermöglicht es, sich sehr präzise auszudrücken. Wenn bei der Schulbildung mehr auf die Entwicklung dieser Fertigkeiten Wert gelegt werden würde, gäbe es im Alltag weniger Missverständnisse sowie mehr Wissen und Sachverstand. Demzufolge gäbe es im privaten sowie beruflichen Alltag weniger Probleme, Streit und unangenehme Auseinandersetzungen.
Schulbildung sollte mündige Bürger für ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben generieren. Derzeit habe ich nicht den Eindruck, dass unser Schulsystem diesem Anspruch gerecht wird. Zu diesem Thema habe ich noch einige weitere Gedanken, welche ich in den kommenden Blogeinträgen darstellen werde.