Der Fernseher läuft bei uns nicht häufig. Mitunter deshalb, weil ich den Konsum von Werbung für Verschwendung von Lebenszeit halte. Heute bin ich aber auf die CHECK24-Werbung gestoßen, welche ich als geschmacks- und würdelose Beleidigung für Vernunftbegabte empfinde. Sind wir mittlerweile wirklich auf einem derart niedrigen Niveau angelangt, dass mit solch flachem Pseudohumor positive Resonanz erzeugt werden kann?
Scheinbar schon. Auf Youtube wurde der Spot über eine Millionen Mal gesehen und hat überwiegend positive Bewertungen und Kommentare.
Die Werbung ist offensichtlich angelehnt an amerikanische Sitcoms. Dabei wurde sogar auf schlechte Synchronisierung geachtet. Und natürlich dürfen die eingespielten Lacher nicht fehlen, damit der Zuschauer weiß, zu welchem Zeitpunkt etwas lustig ist.
Als Unternehmer kenne ich mich auch ein wenig im Marketingbereich aus. Ich weiß, dass Storytelling und „keep it simple and stupid“ momentan in der Werbebranche “State of the Art” sind. Mit diesen Methoden können offensichtlich Emotionen erzeugt werden, welche die Entscheidungsfindung bei der Konsumgüterauswahl beeinflussen. Das Ergebnis dieser „Kunst“ sind dann Werbefilme wie dieser von CHECK24. Herzlichen Glückwunsch!
Ist das wirklich Fortschritt?
In der Werbepsychologie ist schon lange bekannt, dass Menschen Entscheidungen in der Regel emotional treffen. Der Verstand wird dann bestenfalls genutzt, um die getroffene Entscheidung zu legitimieren. Man könnte meinen, dass es eben Fortschritt ist, wenn dieser Mechanismus bewusst bedient wird.
Vielleicht ist die Erkenntnis zur optimalen Manipulation für menschliche Entscheidungsfindungen zumindest in gewisser Hinsicht ein Fortschritt. Das damit einhergehende sinkende intellektuelle Niveau ist es aber definitiv nicht.
Welche Auswüchse dies annehmen kann, sehen wir an den Vereinigten Staaten. Dort hat die Fokussierung auf die emotionale Entscheidungsbeeinflussung dazu geführt, dass ein Prolet in das Präsidentenamt gewählt wurde. Bei Donald Trumps inhaltsleeren Parolen, die offensichtlich nur Emotionen schüren sollen, und der konsequenten Verweigerung wissenschaftlicher Erkenntnisse, bspw. im Bereich des Klimawandels, ist die amerikanische Gesellschaft auf dem besten Weg zur Idiocracy.
Wir Europäer haben mit diesem Problem aber auch zu kämpfen. Rechtspopulistische Parteien, die einfache Lösungen anbieten, die inhaltlich zwar Unsinn sind, sich aber für einige Leute gut anfühlen, gewinnen auch bei uns immer mehr an Einfluss. Wenn eine falsche Behauptung nur oft genug wiederholt und so verpackt wird, dass sie Emotionen bedient, wird daraus früher oder später eine gefühlte Wahrheit. Parteien wie die AfD sind ziemlich clever darin, mit diesen Instrumenten zu spielen.
Gegen Dummheit ist ein Kraut gewachsen: Bildung!
Wenn wir als Gesellschaft einen intellektuellen Crash verhindern wollen, gibt es ein probates Mittel: Bildung, welche junge Menschen zu mündigen Bürgern macht. Hierbei müsste es wesentliches Bildungsziel sein, Schülern die Fertigkeit zu vermitteln, Informationen kritisch zu hinterfragen, um den Hintergedanken von Manipulationsversuchen identifizieren zu können. Zudem müsste ein Bewusstsein geschaffen werden, wie Meinungen auf emotionaler Ebene entstehen.
Sicher ist dieses Thema nicht trivial und kein Stoff für die Grundschule. Es sollte aber möglich sein, Jugendliche darin zu schulen, ihren eigenen Meinungsbildungsprozess zu verstehen. Dies wäre eine wirkungsvolle Methode, um Manipulationsversuche auf emotionaler Ebene entgegenzutreten.
Es fehlt der politische Wille
Für die Politik ist dies natürlich ein zweischneidiges Schwert. Denn auch das derzeitige System profitiert natürlich von der intellektuellen Unmündigkeit vieler Wähler. Andernfalls würde es nicht mehr gelingen, dass sich Politiker einerseits vertrauenerweckend präsentieren, während sie andererseits größtenteils Interessen von Lobbyisten umsetzen.
Daher kann ich der Entstehung eines laut hörbaren Populismus sogar etwas Positives abgewinnen. Wenn die Regierenden ihren Einfluss nicht verlieren möchten, müssen sie über kurz oder lang durch Bildung ein mündiges Volk generieren. Den Wehrmutstropfen, dass sie dann auch vordergründig Politik für diese gut gebildeten Menschen machen müssen, werden sie aus Selbsterhaltungstrieb in Kauf nehmen.
Vielleicht male ich mir diese Kausalitätskette etwas zu positiv aus. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.